hier fehlt wohl etwas
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8bit-Bienenvolk.de

ARCADE

Für eine handvoll Lire

Eine Zeitreise durch mediterrane Coin-Op Paradiese

1985 - 1991

elShmuppo - 27.02.2013


1985

Meine erste Arcade Erinnerung kann ich auf einen Urlaub in Gabicce Mare an der italienischen Riviera im Jahre 1985 zurrückdatieren:

Endlich nach der automobilisierten Alpenüberquerung am ersehnten Ziel angekommen und im Hotel eingecheckt, vernahm ich gleich beim ersten Promenaden-Spaziergang ein so ungewohntes wie auch anziehendes Piepen und Tuten ... den anaolgen Sirenenruf eines POPEYE Automaten (1982 Nintendo )! Glücklicherweise führte der tägliche Weg zum Strand an diesem Laden vorbei, so daß ich tatsächlich eine handvoll Silbergeld in den Münzschlitz werfen und mich an den mystischen Kräften des 8-bit Spinats laben konnte!

Ein weiteres Spiel an das ich mich erinnern kann war DONKEY KONG (1981 Nintendo). 1985 muß ein großes Jahr für Nintendo gewesen sein, denn an weitere Coin-Ops kann ich mich tatsächlich nicht erinnern.



1986

Im darauffolgendem Jahr ging es wieder nach Italien. Der Badeort hieß Bellaria, hier wurde meine Gier nach dem goldenen Videospiel Nektar noch gesteigert ...

Ganz in der Nähe unseres Appartments gab es eine hervorragende Pizzeria, die neben knusprigem Gebäck auch eine flimmerde Spezialität anbot, nämlich das beste Kung-Fu Spiel aller Kung Fu Spiele: KUNG FU MASTER (1984 IREM). Hier lernte ich, daß vermeintlich schwächliche Zwerge in Rudeln auftretend durchaus tödlich sein können! Dieser Titel ist noch heute einer meiner NES Favoriten.

Anschließend ging es dann auf die Promenade, wo ich auch meine erste Arcade Spielhallen sah: Einstöckige, vielleicht 100 Quadratmeter umfassende Flachbauten (sie sollten mir noch öfter begegnen). Hallen randgefüllt mir allem, in das man 100 Lire Silberlinge stecken konnte! Dank der hypnotisierenden Anziehungskraft waren die Arcades natürlich auch ein guter Ort, an dem man seine Kinder mal für eine halbe Stunde mit gutem Gewissen alleinlassen und im nächstgelegenen Cafe einen Cappuccino oder eine Cervesia inhalieren konnte.

Ich bin wirklich dankbar, daß meine Eltern mich damals der zuverlässigen Obhut dieser kleingeldfressenden Wunderwerke anvertraut haben ... naja , man konnte sich ja eh nie zu weit von der Kleingeldquelle entfernen!

Zur üblichen Ausstattung gehörten Air-Hockey Tische, Kräne mit denen man (keine) Plüschtiere und Kinkerlitzchen angeln konnte, Basketball-Wurfspiel mit Schaumstoffbällen, diverse Flipper und natürlich Videospiele in unendlicher Vielfalt und aus jeder Entstehungsphase. Und zwar von A wie ASTEROIDS (1979 Atari ) über GALAGA (1981 Namco) und MOON PATROL (1982 Irem) bis hin zu Z wie ZZYZZYXX (1981 Cinematronics).

Ein großer Publikums-Magnet war DRAGON'S LAIR (1983 Cinematronics), jener berühmt berüchtigte, als Videospiel getarnte Trickfilm aus der Feder des genialen Don Bluth. Irgendwann lief mir dann auch noch der Nachfolger SPACE ACE (1984 Cinematronics) über den Weg, der sich in Sachen Spielbarkeit aber wohl kaum von DRAGON'S LAIR unterschied. Ich bin jedenfalls froh, es beim Genuß der Demosequenzen belassen zu haben, denn jedesmal wenn ein Unwissender mit leuchtenden Augen Geld in den Münzschlitz steckte, bildete sich eine kleine Traube Schaulustiger, um sich schelmisch am schnellen Ableben und der Enttäuschung des Spielers zu laben.

Die nachhaltigste Erinnerung dieses Sommers, vielleicht sogar meiner gesamten Spielhallenbesuche, bescherte mir jedoch ein Spiel, daß ich Dekaden später als den unheiligen Gral der Arcade Geschichte identifizieren konnte:

Das sagenumwobene CHILLER (1986 Exidy)!

Während ich wieder einmal durch die Reihen schlenderte bemerkte ich einen mit Gewehr bestückten Automaten aus dem ein ungewohntes Stöhnen und Wimmern drang.

Von den ungewohnten Klängen angezogen sah ich nun in den Abgrund schwärzester Programmierkunst und blickte in eine Folterkammer, in der Menschen ausgeweidet, verstümmelt, enthauptet, erhenkt und zerquetscht wurden. Krokodile fraßen Beine ab, Geister mit Äxten trugen frisch abgetrennte Köpfe fort, Ratten knabberten an blutigen Wunden, Blut und Körperteile überall... all das in einem sehr um Realismus bemühten Grafikstil - die buchstäbliche 8-bit Hölle auf Erden!

Die Aufgabe des Spielers war es ganz offensichtlich mit Hilfe des Gewehrs eben diese Grausamkeiten zu bewirken und schlicht und ergreifend soviel Tod und Zerstörung wie nur möglich zu verbreiten. Allein die Rolle des Folterknechts einzunehmen und in weniger als einer Minute ein derartiges Blutbad anzurichten dürfte selbst heutzutage noch ein einmaliges Spielkonzept sein.

Gleichsam fassungslos und fasziniert stand ich minutenlang vor dem verweisten Automaten und starrte auf den Bildschirm. Fast genauso grausam wie die Demo war die Tatsache, daß ich keine Münzen mehr hatte, meine Eltern waren auch verschwunden und ich brauchte einige Zeit um sie einzuholen. Es war einer der letzten Urlaubsabende und leider auch der letzte Besuch dieser Spielhalle. Nie wieder habe ich so ein Spiel gesehen !

Interessanterweise ist die einzige CHILLER Konsolenadaption 1990 als Light-Gun Spiel auf dem NES in den USA und Australien erschienen, allerdings ist diese Version von der detailtreue des Arcade Originals meilenweit entfernt !



1987

In diesem Jahr ging die Reise nach Schweden, das Arcade-technisch eher mau ausfiel. Immerhin konnte ich mir während der Fährüberfahrt an Bord der "Nils Holgersson" die Zeit mit dem guten alten FROGGER (1981 Sega/ Konami ) vertreiben.

Das idyllische Yngsjö war derart überschaubar, daß keine Hoffnung bestand hier auf eine Spielhalle zu stoßen. Ebensowenig gelang es mir einen Elch zu erspähen, die schwedische Fauna schien sich vielmehr auf Myriaden von Stechmücken zu beschränken. Möglicherweise geht meine Vorliebe für Videospiele, in denen man 8-Bit Insekten abknallen muß, auf die zahlreichen Mückenstiche dieses Sommers zurrück. Schon im nächsten Jahr sollte ich Gelegenheit bekommen diese Leidenschaft mit GALAGA 88 auszuleben, denn dann kehrte ich in die mediterranen Coin-Op Paradiese zurück!



1988

Im Sommer 1988, der mich nach Santa Susana an der spanischen Costa Brava führte, ging es in vielerlei Hinsicht heiß zu. Zum einen erinnere ich mich an den schlimmsten Sonnenbrand meines Lebens und ich sah nur wenige Meter entfernt einen Kugelblitz über die Balkone unserer Hotelanlage springen.

Ebenfalls fand zu der Zeit gerade die Fußball Europameisterschaft statt, die vor allem durch das Ausscheiden Deutschlands gegen Holland und der legendären Lama-Attacke Frank Rijkaards gegen Rudi Völler im Kollektivgedächtnis fest verankert ist. Ich erinnnere mich noch gut an die gröhlenden englischen Fanbrigaden und rotzbesoffene Holländer die in den Springbrunnen lagen.

Anders als in Italien traf ich diesmal keine klassischen Spielhallen an, auch wenn hier und da ein paar Automaten in den Cafes oder an den Strandlokalen anzufinden waren. Die Hotellobby beherbergte aber dafür 2 nette Coin-Ops, zum einen den allseits beliebten Rennspielklassiker OUT RUN (1986 Sega ), das mich persönlich eher kalt ließ. Meine ganze Aufmerksamkeit galt dem neu erschienenen GALAGA 88 (Namco 1987), der mittlerweile dritten Fortsetzung des Klassikers GALAXIAN (Namco 1979).

Da ich GALAGA schon kannte erfreute ich mich regelmäßig an dem hervorragenden Spielprinzip, das nun mit comichafter Grafik und verbessertem Sound präsentiert wurde. Da die Hotelanlage recht groß und das Spiel offensichtlich gut gefüttert wurde, lag der Reiz natürlich in der Highscorejagd! Hin und wieder machte ich einen Kontrollgang und überprüfte, ob mein Score geschlagen wurde, was doch recht oft vorkam. Natürlich mußte dann umgehend eine Kleingeld-Offensive gestartet werden!

Auf der Piste machte ich dann aber doch noch Bekanntschaft mit einem kuriosen Spiel namens HAUNTED CASTLE (1988 Konami), das nicht nur stark an Castlevania erinnerte, sondern sich später tatsächlich als weitgehend unbekannter, aber offizieller dritter Teil der Reihe herausstellte!

Das liegt natürlich daran, daß dieses Sequel zum einen ursprünglich nur als Coin-Op erschienen ist, zum anderen wurde der Name Castlevania weder im Titel noch in der Pre-Credit Sequenz erwähnt! Um es kurz zu machen: Ich hatte zu dieser Zeit schon den ersten NES Teil gespielt, erkannte das Szenario wieder und der verschärfte Arcade Look übte eine magische Anziehungskraft auf mich aus!

Nach einer Introsequenz, die lustigerweise inhaltlich völlig identisch mit dem GHOSTS N' GOBLINS Vorspann ist, beginnt die sidescrollende, peitschenschwingende Jagd auf untotes Gesindel.

Nun, positiv im Gedächtnis geblieben sind mir besonders die üppig verfaulten Zombies und teuflische Kreaturen die unerwartet aus Bäumen herrauswachsen, doch leider war das nett anzusehende Szenario spielerisch eine Katasrophe. Der Charakter war furchtbar träge zu steuern und den Herausforderungen bei weitem nicht gewachsen. Auch die Peitsche war erbärmlich schwach im Vergleich zur Widerstandskraft der Gegner.

Der Energiebalken sah zwar groß aus, war aber nach 2-3 Feindberührungen viel zu schnell aufgebraucht. Zudem gab es einfach zuviele Stellen, die völlig unerwartet einen schnellen Sprung- /Ausweich- oder Schlag- Reflex verlangten, und das gab die träge Steuerung einfach nicht her. Als bezeichnendes "Highlight" des ersten Levels möchte ich einen der nervigsten "Zwischenbosse" überhaupt erwähnen :Die Steinwand!

Richtig, auf einmal blockiert eine profane Mauer den Weg, ein Gewitter zieht auf und einzelne Ziegelsteine rasen auf den Spieler zu. Springen oder Ducken? Ja bitte, aber Millisekunden vorher, denn jede Bewegung dauert eine Ewigkeit. Man sollte auch nicht vergessen dabei zum richtigen Zeitpunkt zu schlagen, allerdings gilt es auch hier die Zeitverzögerung zu berechnen und natürlich die richtige Position einzunehmen. Ich hatte meinen Spaß daran, denn jeder Ziegelstein kostet ungefähr die halbe Lebensenergie-Leiste! Vielleicht sollte man auch noch erwähnen daß dieser Frustgegner nach nicht mal einer Minute Spielzeit (eher 40 Sekunden) auftaucht! An dieser Stelle habe ich bestimmt ganze 10 in barer Münze bezahlte Leben vergeudet. Toll, ich habe Horden von Zombies, Skeletten und Feldermäusen zu Klump geprügelt und sterbe durch einen Backstein - ganz so wie es mir ein Kobold damals aus seinem Erbrochenem orakelt hat...

Ein paar mal führte mich der Weg an diesem Automaten vorbei, und aus mir wäre kein echter Spieler geworden, wenn ich nicht immer wieder und wieder in den Kampf gegen das sinistre Mauerwerk gezogen wäre! Und so schaffte ich es schlußendlich mit einigem finanziellen Aufwand die brenzliche Stellen auswendig zu lernen, die verdammte Steinwand zu überwinden und selbst den ersten Levelboss, eine Medusa, zu besiegen. Allerdings bin ich nicht über die ersten Gegner des zweiten Levels hinausgekommen, das schiebe ich jetzt eifach mal auf die unerhört schlechte Spielbarkeit und den unfairen Schwierigskeitsgrad.

Später in der Heimat erzählte ich einem befreundeten NES Besitzer von einem unbekannten Castlevania, was ein ungläubiges Kopfschütteln zur Folge hatte. Damals war gerade SIMONS QUEST (1987 Konami) erschienen, und niemand ahnte, daß ich tatsächlich den brandneuen offiziellen Teil der Reihe, im Original AKUMAJO DRACULA, gespielt hatte. Konami hat es übrigens bei diesem einzigen Arcade Ausflug von Castlevania belassen, ich denke ich war wohl damals mit meinem Frust nicht ganz allein.



1989

1989 verschlug mich der Ruf des Südens ins italienische Lido di Pomposa. Hier meinten es die Götter gut mit mir, denn im pensionseigenen Hobbyraum fand sich nebst einer Tischtennisplatte tatsächlich ein Coin-Op : PACMAN (1980 Namco). So konnte ich mich im schattigen Kühl des Kellergewölbes von der täglichen Dosis Sonne und Strandgetümmel erholen.

Freundlicherweise war der Automat so präpariert, daß das Geld immer wieder durch den Münzschlitz fiel. Es versteht sich daher von selbst, daß ich regelmäßig meine Runden durch das geisterverseuchte Labyrinth drehte und Jagd auf schmackhaftes Pixel-Obst machte. PACMAN ist nicht grundlos der unbestrittene König im Arcade-Land!

Natürlich gab es auch hier wieder wieder die allseitsbeliebten Spielhallen mit bekannten Klassikern wie u.a. DONKEY KONG (1981 Nintendo), CENTIPEDE (1980 Atari) oder GALAGA (1981 Namco).

Wie schon drei Jahre zuvor bei CHILLER begegneten mir auch hier einige Spiele mit mechanischer Steuerungskomponente. Neben dem mit einer Uzi-Atrappe ausgestatteten OPERATION WOLF (1987 Taito ) war die Kriegs-Simulation SEA WOLF (1976 Midway) ein echter Hingucker. Das Spiel hatte ganz offensichtlich schon einige Jahre auf dem Buckel, konnte seine minimalistische Grafik aber mit der üppigen mechanischen Ausstattung gekonnt überspielen.

Das Spiel wurde mit einem drehbaren, massiven Uboot-Periskop gesteuert, durch das man feindliche Schiffe und Seeminen anvisieren und torpedieren mußte. Auch wenn das Spiel grafisch eher mit frühen Atarispielen vergleichbar war verlockte die martialische Aufmachung durchaus zu dem ein oder anderen Münzwurf.

Darüber hinaus machte ich auch Bekanntschaft mit dem knuffigen Steinzeit Jump'n Run BONKS ADVENTURE (1989 Hudson ). Das Spiel war allerdings auch als Coin-Op ziemlich leicht, und so mußte ich erstmals ein Spiel zurrücklassen bevor meine Credits aufgebraucht waren. Selbst heutzutage finde ich den ersten Bonk auf der PC Engine eher langweilig, mit dem zweiten Teil läuft das Hudson Maskottchen allerdings zur Höchstform auf!

Besonders in Erinnerung geblieben ist mir dann aber STAR WARS (1983 Atari). Allein das Cockpit in dem man platz nehmen mußte hatte schon etwas Beeindruckendes, vor allem da ich ein großer Star Wars Fan war.

Ich hatte den Film selbst noch nicht gesehen (das sollte sich bald mit der Sat1 Erstausstrahlung am 15.03.1990 ändern), aber der Sternenkrieg-Kult war natürlich längst in meine 4 Wände eingekehrt - man erinnere sich an die realistischen Actionfiguren und Raumschiffmodelle ...

Einmal im Cockpit des Spiels platz genommen, angepeitsch von digitalen Sprachfetzen (der Sound des Spiels war damals atemberaubend) und auf die zeitlose Vektorgrafik konzentriert, gelang es mir tatsächlich den entscheidenen Torpedo im wumprattengroßen Lüftungsschacht zu versenken und damit mein erstes Videospiel durchzuspielen! An diesem Abend war die Macht mit mir!



1990

Diesmal ging die Reise an die tunesische Küste des Mittelmeeres in das ehemalige Karthago. Guru Josh hatte gerade mit "Infinity" den ersten Megahit der 90er gelandet, und unendlich viele Credits hätte auch ich für GHOSTS 'N GOBLINS (1986 Capcom ) gut gebrauchen können, das mich unverhofft in den Katakomben der Hotelanlage erwartete.

Ich hatte zu dem Zeitpunkt bereits die frustrierende NES Version gespielt, die Arcadefassung verfügte allerdings über bessere Grafik und eine deutlich bessere Steuerung. So bekam ich mit einigem Münzaufwand zumindest einmal den Boss des zweiten Levels zu sehen. Trotz meiner kurzen Spielzeit blieb das Spiel immer eine Herausforderung, denn Leveldesign und Gegnerpalette waren so abwechslungsreich und markant, daß man genau wußte an welcher Stelle man beim letzten Credit sein Leben aushauchte!

In diesen Kategorien punktet übrigens auch das ein Jahr später veröffentlichte CASTLEVANIA (1987 Konami), man könnte GHOSTS 'N GOBLINS also durchaus als größte Inspiration für diesen weiteren Klassiker sehen. Als Horror-Platformer sind beide Spiele jedenfalls trotz des knackigen Schwierigkeitsgrades absolut unwiderstehlich.

Im Gegensatz zu den doch eher kurzen G 'N G Ausflügen verbrachte ich wesentlich mehr Zeit mit dem zweiten Coin-Op der Anlage, dem Shoot-Em-Up namens EMPIRE CITY 1931 (1986 Taito). Hier muß der Spieler das New York der 30er Jahre von den Gangsterhorden des Al Capone befreien.

Mit Hilfe des Joystick-gesteuerten Fadenkreuzes scrollt man über Hausfassaden und Hochhausschluchten, denn die Gangster verstecken sich mit Vorliebe hinter den zahlreichen Fenstern der Wolkenkratzer, in Hauseingängen oder auch mal im Glockenturm einer Kirche. Der ein oder andere hat eine Geisel bei sich, die man natürlich besser nicht abknallt. So kämpft man sich nach dem Motto "Seek and Destroy" durch die Level, an deren Ende ein Mafiaboss wartet .

Was das Spiel von der eintönigen Schießbuden-Ballerei abhebt ist das gute Gameplay: Zum einen ist die Munition von vornherein begrenzt, und die Kisten mit denen man sein Magazin wieder aufladen kann sind ziemlich rar gesät. Daher muß man sich neben Fehlschüßen auch die ein oder andere exzessive Exekution verkneifen.

Das Spiel schöpft seine Spannung aber vor allem aus der Tatsache, daß man die Gegner erst aufstöbern muß. Oft bemerkt man ihre Gegenwart erst wenn man selbst ins Visier genommen wird. In diesem Fall ertönt ein akkustisches Signal und ein Timer, der in varriierenden Intervallen auf Null herunterzählt. Nun ist das richtige Timing gefragt, um seinen Schutzschild zu aktivieren, beziehungsweise in Deckung zu gehen. Da auch dieser Schutzmechanismus nur begrenzt einzusetzen ist wird es richtig brenzlich, den in der Nähe versteckten Gangster ausfindig zu machen und zu exekutieren! Die Level enden erst, wenn der letzte Gegner erledigt ist, Levelbosse erforderten schnelle Reaktion und einen möglichst großen Vorrat an Schutzschilden.

Die Kombination aus Reaktionsschnelligkeit, Erinnerungsvermögen und hochdosierter Action stellte sich als sehr süchtig machend heraus. Die schöne Comicgrafik und die einfache aber packende Story fesselten mich stundenlang an den Automaten. Mit der Zeit merkte ich mir die teils kniffligen Verstecke und kämpfte mich Level für Level weiter und konnte den letzten Boss bezwingen. Nicht zuletzt deshalb hat das Spiel einen Ehrenplatz in meinen Arcade Erinnerungen.



1991

Unsere Zeitreise endet mit einem Abstecher in das spanische Tossa De Mar. Hier sollten sich nun Vergangenheit und Zukunft der Videospiele Auge in Auge gegenüberstehen!

Für den damals schon nostalgischen, aber absolut erstklassigen Spielspass sorgte der Nahe dem überchlorten Pool plazierte Coin-Op Klassiker namens PHOENIX (1980 Amstar/Taito). Auch dieses Spiel bot zur Zeit seiner Veröffentlichung einige wichtige Neuerungen. Dieser horizontal Shoot-Em-Up gehörte neben GALAXIAN zu den ersten Titeln die komplett in Farbe gestaltet waren, eine noch wichtigere Innovation war der gigantische Endgegner,den es in einem seperaten Level zu bezwingen galt! Das Spiel bot also einiges an Abwechslung.

Mußte man anfangs noch ganz konventionell Formationen von Weltraumvögeln in GALAXIAN-Manier bezwingen, bekam man es bald mit herabschwebenden Eiern zu tun, aus denen noch größere Biester schlüpften. Diese fiesen Zeitgenossen scrollten auch mal gerne rechts aus dem Bild um auf der linken Seite wieder aufzutauchen und anzugreifen, was oft mit der zerstörung des Schiffes endete. Zwar hatte man einen Schutzschild-Mechanismus, der aber das Schiff lähmte und daher nicht immer effektiv war.

Hatte man auch diese Angriffswellen überstanden stand man endlich dem Endgegner gegenüber: Ein tentakelbewährter kleiner Schurke, der sich in einem riesigen Raumschiff verschanzt hatte.

Um den Burschen zu erledigen mußte man zuerst einen Schusskanal auf Höhe der Kreatur die äußere Hülle schießen. Danach galt es den seitlich scrollenden Schutzschild im Inneren des Ufos zu perforieren und den vernichtenden Treffer zu plazieren. Das war nicht gerade leicht, da ein kleines Phoenix-Geschwader das bedrohlich näher kommende Mutterschiff bewachte und immer wieder zu Angriffen ansetzte.

Zwischen den Leveln erklang das allseits bekannte, meditative " Für Elise " des guten alten Ludwig Van Beethoven. Ob die nervenzerreißenden Sounds während des Spiels ebenfalls aus der Feder des Meisters stammen wird wohl immer ungeklärt bleiben, der Hersteller hüllt sich mit Angaben über den Urheber der weiteren Kompositionen in Schweigen. Auch wenn man öfters von einer verschollenen Partitur namens "Tanz des Phönix" aus Zeiten seines Gehörverlustes munkeln hört, unbestritten bleibt der Fakt: PHOENIX und Ludwig Van sind beide herrausragende Vertreter der Klassik!

Mit PHOENIX hatte ich also einen echten Klassiker der ersten Generation zu meiner täglichen Verfügung, aber ich sollte in diesem Sommer auch einen Ausblick in die spielerische Zukunft werfen. Wie so oft fand ich mein Zocker-Glück in einer nahgelegenen Eisdiele, einen nagelneuen Coin-Op mit der Aufschrift STREET FIGHTER 2 (1991 Capcom)!

Nun, den Vorgänger STREETFIGHTER (1987 Capcom) hatte ich bereits öfters bei einem Freund auf dem Amiga 500 gespielt, fand es damals aber nicht besonders prickelnd. Zwar traf man in diesem Mann-gegen-Mann Beat-em-Up (vor mehr oder weniger exotischen Hintergründen) auf verschiedene Gegner mit verschiedene Kampfstilen, leider lief das Spiel wie in Zeitlupe und war verdammt träge zu steuern. Auch die angepriesenen Kampfstile beschränkten sich auf Schlagen und Kicken und unterschieden sich kaum von Gegner zu Gegner. Trotzdem hatte es einen gewissen Reiz, die verschiedenen Gegner zu besiegen. Das war immerhin ein inhaltliches Upgrade zu beispielsweise INTERNATIONAL KARATE (1986 System 3). Wie ich später herrausfinden sollte erschien eine Version von STREETFIGHTER auch für Pc Engine, unter der verdammt kreativen Umbetitelung FIGHTING STREET (1988 Capcom).

Nun stand ich also vor der Fortsetzung, die zwar grundsätzlich auf das gleiche, simple Spielprinzip zurückgriff und sogar mit drei aus dem Vorgänger bekannten Namen (Ryu, Ken und Saggat) aufwartete, aber damit enden auch schon die Gemeinsamkeiten. Die Demosequenz zeigte eine noch nie dagewesene Prügelorgie mit abgedrehten Kämpfern in fantastischer Grafik und Sound, die sich mit rasanten Attacken Saures gaben. Schon mit dem ersten Münzwurf erfüllte sich meine größte Hoffnung: Ich konnte unter den vielversprechend aussehenden Kämpfern frei wählen, und Sekunden später stand ich vor toll animiertem Hintergrund meinem ersten Gegner gegenüber!

Ungewohnt leicht konnte ich eine Vielzahl verschiedener Attacken starten, auf jeden Tastendruck folgte blitzschnell ein Schlag - ein Sprung - ein Kick. Ducken und Kick gleichzeitig: Fussfeger! Sprung und Kick: Voll in die Fresse! Jawohl, das Spiel lief wie geschmiert, die Steuerung ließ sich fast schon intuitiv bedienen.

Allein die auf 6 Tasten verteilten Standard-Moves waren je nach Kämpfer völlig individuell gestaltet und ermöglichten auch dem ungeübten Spieler ein großes Repertoire an Schlägen und Tritten abzurufen. Durch die umfangreiche Palette an abgedrehten Specialmoves stieg zusätzlich der Reiz, sich näher mit einem einzelnen Kämpfer zu beschäftigen. Hin und wieder gelang auch mir durch exzessives Button-shmashing eine ausgereifte Spezial-Attacke. Danach galt es die Tasten-Joystick-Kombination zu rekonstruieren. Die einfacheren Combos waren recht schnell zu erlernen, um mir die wirklich durchschlagenen Combos anzueignen mangelte es mir aber damals an Spielzeit und Kleingeld!

Jeder der auswählbaren Kämpfer repräsentierte einen indiviuellen Kampfstil, die sich in Animation und Auswirkung völlig voneinander unterschieden. Boxer gegen Karatekämpfer, Sumoringer gegen Yogi, Muay-Thai-Kämpfer gegen Ringer... STREETFIGHTER 2 setzte dem Spieler kaum Grenzen. Zudem überzeichnete das Spiel die Eigenschaften und Philosophien der jeweiligen Kampfkunst in comicartigen Charakteren und dazugehörigen, toll animierten Hintergründen, die obendrein noch einer Nation zugeordnet wurden.

Dadurch erreichte Capcom eine nie dagewesene Identifikation mit den Protagonisten. Das hervorragende, flüssige Gameplay und das großartige Design versetzten mich in einen regelrechten Rausch. Man merkte vor Begeisterung kaum, wie die Credits hinwegflossen, die unterm Strich doch kurzen Kämpfe und die schnellen Niederlagen, wenn die Gegner ab der dritten Runde mal etwas tiefer in ihre Trickkiste griffen. Ich denke daher begründet sich auch der riesige Erfolg von STREETFIGHTER 2, die schier unerschöpflichen Möglichkeiten fesselten den Spieler. Selbst wenn man völlig chancenlos von einem Gegner wie Blanka mit Elektroschocks und blutigen Biss-Attacken in 15 Sekunden hingerichtet wurde, man wollte sofort diese unfassbaren Attacken beherrschen, schmiss die nächsten Münzen ein und wählte einfach den ehemaligen Gegener!

Leider konnte ich viele Attacken nur schmerzhaft am eigenen Leib erfahren. Besonders nervig fand ich den Flammenschuss "Hadouken" von RYU und KEN, dem man nur schlecht ausweichen konnte und der zu meinem Leidwesen von diesen zwei Pennern mehr als exzessiv angewendet wurde. Da diese Attacke optisch alles andere als spektakulär aussah, mich aber trotzdem zahlreiche Credits kostete, habe ich noch heute einen Hass auf diese beiden Charaktere. Hiermit erkläre ich feierlich den Hadouken zum nervigsten Special-Move aller Zeiten! Lustigerweise gilt gerade Ryu als besonders gut balancierter Charakter und ist in der Spielergemeinde sehr beliebt. Mich hingegen faszinierten vor allem die bizarren Charaktere, wie der gummiarmige Yogameister Dhalsim, das brasilianische Capoeira-Monster Blanka oder der Sumo-Ringer E. Honda, die mit ihren Specialmoves die Gesetze der Physik verspotteten.

STREETFIGHTER 2 hatte einen beispiellosen Einfluß auf die gesamte Videospiel-Welt! Zum einen steht das Spiel wie kaum ein anderer Titel für den Einzug der Arcadespiele in die heimischen Wohnzimmer und den großen Siegeszug der Spiel-Konsolen. Als 1992 das Super Nintendo in Europa erschien, war STREETFIGHTER 2 der populärste Launch-Titel und für viele Spieler ein Grund sich diese neue 16 Bit Konsole zu kaufen. Ich denke über sechs Millionen verkaufte Exemplare sprechen eine klare Sprache!

Aber auch das ganze Beat-Em-Up Genre erfuhr durch den großen Erfolg eine Wiederbelebung. Nach der Einführung der wählbaren, abgedrehten Charaktere und Special-Moves durch STREETFIGHTER 2 entstanden in der Folge zunächst als Coin-Op, später auch auf den neuen Konsolen-Generationen, ganze Spiel-Serien wie KING OF FIGHTERS (1994 SNK), TEKKEN (1994 Namco), DEAD OR ALIVE (1996 Tecmo), die allesamt auf das alte Erfolgsrezept zurrückgriffen. Noch heutzutage erreichen die x-ten Inkarnationen dieses Spielprinzips ihre Fangemeinde, und selbstverstandlich gehört auch Capcoms STREETFIGHTER-Reihe zu den unsterblichen Legenden des Coin-Op Zeitalters mit dazu!




letzte Aktualisierung: 18.01.2016 |sS|