hier fehlt wohl etwas
hier fehlt wohl etwas

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"He turned us into fucking killers!"

Spec Ops - The Line [PS3]

Erscheinungsdatum: 29. Juni 2012

Gewählte Schwierigkeit: mittel - später vom Spiel gedrängt zu: leicht

Spieldauer: ca. 6 Stunden - beendet

spielerS


[Anmerkung zu den Screenshots: Bei einigen Sequenzen war einfach nicht genug Licht für die Kamera. Ich bitte die Unschärfen zu entschuldigen, hoffe aber, die Stimmung wurde trotzdem eingefangen.]

Es ist Krieg! Und alle machen mit. Call of Duty: Modern Warfare 3, Battlefield 3, CoD: Black Ops II... Wer heute mit nem Videospiel Geld verdienen will macht nen Military-Shooter. Ich hatte von der Spec Ops-Reihe zwar noch nie gehört, aber da es zahlreiche mehr oder weniger belanglose Shooter-Serien gibt, war das wenig verwunderlich.

Was mich aufhorchen ließ war zunächst die Tatsache, dass ein deutsches Entwicklerstudio für The Line verantwortlich war. In Sachen Telespiele gibt es aus unseren Landen ja nur wenige international bekannte Titel (was aber natürlich nicht heißen soll, dass wir keine guten Spiele produzieren könnten).
Und dann von einem (zumindest mir) völlig unbekannten Studio namens Yager ?

Richtig interessant wurde es dann, als die Reviews durchgängig davon sprachen, dass The Line "anders" sein sollte, als die anderen Kriegs- Shooter. Positiv anders...

Start Screen
Start Screen

Spoiler-Warnung: Wer das Spiel selber noch zocken möchte sollte diesen Text nicht lesen, wenn er sich nicht das Spieleerlebnis versauen will!
Direkt zum Fazit geht es >hier<.

Zunächst einmal wird man ganz unvermittelt ins Geschehen geschmissen. Ohne Vorankündigung startet eine wilde Helikopter-Verfolgungsjagd durch die Hochhausschluchten Dubais, bei der man selbst den Part des "door-gunners" übernimmt, d.h. man steht im hinteren Teil des Hubschraubers vor der offenen Seitentür und bedient das dort montierte Maschinengewehr. Verfolgt werden wir dabei von anderen Hubschraubern, die uns unter Feuer nehmen und derer wir uns daher erwehren müssen.

Da das Geschehen so plötzlich beginnt, bricht bei mir erst mal Hektik aus. Meine Aufgabe besteht zwar offensichtlich nur aus Zielen und Feuern, aber bewegliche Ziele, die auch noch zurückschießen, sind für den Einstieg doch etwas unangenehm. Nach den ersten zwei bis drei Abschüssen werde ich etwas ruhiger und nehme auch die Umgebung war. Wir fliegen wirklich dicht an den Hochhäusern entlang und man kann sogar die Möblierung der Dachterassen erkennen - kurz bevor sie im Kugelhagel meiner Minigun in tausend Teile zerfetzen. Da sich die gegnerischen Helikopter auch hinter den Häusern bewegen, lässt sich der ein oder andere Fehlschuss halt nicht vermeiden. Die Häuser und Explosionen sehen wirklich schick aus und werden durch die tiefstehende Sonne nett in Szene gesetzt.

Ich bin kurz davor mich zu fragen, was das Ganze denn nun soll, da werden wir von einem Sandsturm überrascht, der uns zum Absturz bringt und die Verfolgungs-Szene genauso abrupt enden lässt wie sie begonnen hat.

Nach der Einblendung "früher..." beginnt dann der eigentliche Vorspann zum Spiel.
Es gibt da bestimmt einen Fachbegriff für, denn jeder Actionfilm startet heutzutage genau so. In den ersten Sekunden kracht es erst mal so richtig, ohne zu erklären warum wieso weshalb. Und wenn dann alle Zuschauer wach sind und aufgehört haben zu plappern, geht es danach mit der Story los. Also wach bin ich und das Reden habe ich auch eingestellt...

Die Story beginnt recht ungewöhnlich, denn die Szenerie bildet hier keiner der bekannten Kriegsschauplätze, sondern ein durch Jahrhundert- Sandstürme zerstörtes Dubai. Ein Teil der Stadt konnte evakuiert werden, der Rest ist jedoch durch die Stürme von der Außenwelt abgeschnitten. Colonel John Konrad meldet sich und seine Einheit nach der Rückkehr aus Afghanistan freiwillig, um die Evakuierung der Zivilbevölkerung zu unterstützen.

Er desertiert jedoch, als er den Befehl erhält den Einsatz abzubrechen und die Stadt aufzugeben. In einem letzten Funkspruch meldet er den fehlgeschlagenen Versuch eine Evakuierung durchzuführen. Einige Wochen später wird ein Delta-Force-Team in die Region entsandt, um den Verbleib von Konrad und seiner Einheit aufzuklären und nach möglichen Überlebenden zu suchen.

An dieser Stelle steigen wir in das Spiel ein. Wir übernehmen die Rolle von Captain Martin Walker, der selbst unter Konrad in Afghanistan gedient hat. Unser Team wird vervollständigt von Lieutenant Alphonse Adams (Fachgebiete Türen kaputt machen und Granaten werfen) und Staff Sergeant John Lugo (Fachgebiet Snipern und lässige Kommentare).

Welcome to Dubai
Welcome to Dubai

Die ersten Spielminuten werden genutzt uns die Steuerung beizubringen. Ich bin hier kein Experte, vermute aber mal, dass die Bewegungs-Befehle bei allen Shootern ähnlich sind: Gehen, Laufen, Ducken, Deckung, Sprung aus Deckung. So weit, so einfach.

Sobald mir jedoch die ersten Kugeln um die Ohren fliegen, ist das für mich mit der Einfachheit vorbei. Nach kurzem Umherwandern geraten wir nämlich praktischerweise auch schon in den ersten Hinterhalt, um uns die Waffen-Steuerung näherzubringen: Zielen, Schießen, Schießen ohne zu Zielen, Schießen aus der Deckung.

Solange die Gegneranzahl überschaubar ist und sie sich alle schön ordentlich in meinem Blickfeld aufhalten ist alles in Ordnung. In diesem Fall ist das natürlich noch so und mit tatkräftiger Unterstützung meiner Teamkollegen wird der erste Feindkontakt zum Erfolg.

Die Widersacher werden als "Aufständische" bezeichnet und der Aufstand richtet sich wohl gegen Colonel Konrads Einheit, aber warum wieso weshalb wird zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar.

Kaum hat man mal nen Plan...
Kaum hat man mal nen Plan...

Ich kann mich zu diesem Zeitpunkt aber sowieso erstmal nicht der Geschichte widmen, da ich voll und ganz damit beschäftigt bin, weitere Aufständische niederzuringen. Und wie befürchtet denken diese nicht daran schön im Sichtfeld auf Distanz zu bleiben. Shooter-typisch werden Treffer an einem selbst durch ein rotes Aufflackern der Bildschirmecke kenntlich gemacht, aus dem der Angrif erfolgt. Hektisch werde ich, wenn der Angriff von außerhalb des Sichtfelds erfolgt. Panisch werde ich, wenn der Angreifende mir zu nahe kommt. Hysterisch werde ich, wenn der Angreifer mir von außerhalb des Sichtfeldes zu nahe kommt - und dann direkt hinter mir steht.

Es setzt dann bei mir entweder ein Fluchtreflex ein, um aus sicherer Distanz wieder zu versuchen Ordnung in das ganze Durcheinander zu bringen. Das Problem ist, wenn man wegläuft, kann man selbst nicht feuern, wird aber natürlich unter Feuer genommen. Manchmal kommt hinzu, dass es gar keine sichere Position gibt, auf die man sich zurückziehen könnte.

Oder ich verfalle in Schockstarre und versuche einfach stumpf auf einen Gegner draufzuhalten ohne mich vom Fleck zu bewegen. "Sitting Duck" sagt man dazu wohl.

Und so bin ich manchen wahrlich unheldenhaften Bildschirmtot gestorben. Später selbst auf Schwierigkeit "Einfach". Immer wieder hat Spec Ops mir vor Augen geführt, dass Shooter eigentlich überhaupt nicht mein Gebiet sind.

Andererseits trägt dieses hartnäckige durchkämpfen und durchleiden müssen dazu bei, dass ich mich mehr und mehr mit Captain Walker identifiziert habe, einfach weil wir zusammen soviel durchgemacht haben (bzw. er meinetwegen durchmachen musste). Und noch mehr, ich war an vielen Stellen Adams und Lugo wirklich von ganzem Herzen dankbar, dass sie mir den Arsch gerettet haben, weil ichs mal wieder alleine nich hingekriegt hätte. Durch meine eigene Unfähigkeit sind wir als Team zusammengewachsen.

Bling Bling 1
Bling bling ...
Bling Bling 2
Juwelenbesetze Giraffen... wenn man doch bloss reich wär

Man startet mit einem Sturmgewehr und einer Pistole, kann diese aber beliebig gegen fallen gelassene Waffen der Gegner tauschen. Dies ist auch notwendig, da die Munition begrenzt ist und sich realistischerweise zwischen den Waffentypen unterscheidet. So wechselt man sich munter durch ein großes Arsenal an Schusswaffen. Und es kommt öfters vor, dass man ein sehr gutes Gewehr gegen ein eher Schlechtes tauschen muss, einfach weil das sehr Gute leider sehr leergeschossen ist.

In der Zwischenzeit haben wir uns weiter durch das verschüttete Dubai gearbeitet. Vorbei an Kolonnen zerschrotteter Luxuskarossen, durch absurd dekadent eingerichtete Hotel-Lobbys und vor allem durch Tonnen von Sand. Vor allem die Spielwelt fasziniert und zieht mich in ihren Bann. Der einstmals vorhandene Luxus ist zerstört und begraben. Die Überreste der Dekadenz sind aber überall noch zu erkennen. Dieser Entwurf eine Dystopie erinnert mich stark an das Spielerlebnis in Rapture aus Bioshock, und das umso stärker, je weiter man sich in der Geschichte vorankämpft.

Hier haben sich nicht alle lieb
Hier haben sich nicht alle lieb

An vielen Stellen trifft man jetzt auf Spuren für Kriegsgräuel. Zunächst deuten Blutspritzer und Blutlachen diese nur an. Dann entdeckt man direkt Schauplätze von Erschießungen, Hinrichtungen, Erhängte an Straßenlaternen, Leichenberge.

Irgendetwas an der Evakuierung muss furchtbar schief gelaufen sein. Denn die Hinweise deuten darauf hin, dass Konrads Einheit hierfür verantwortlich ist. Doch für Captain Walker (also uns) ist Konrad ein Held, der ihm in Afghanistan das Leben gerettet hat. Er kann und will sich nicht vorstellen, dass Konrad tatsächlich die Verantwortung für dies alles trägt. Er will Konrad finden und ihn zur Rede stellen.

Kaputt
Alles nich mehr ganz heile
Hangman
Da hat sich jemand viel Mühe gemacht

Weiter gehts in der Geschichte. Wir haben uns mittlerweile in eine Hotel-Lobby vorgearbeitet, in der wir beobachten, wie Konrads Leute eine große Zahl Einheimischer auf relativ grobe Art zusammentreiben. Wir befürchten eine Massen-Exekution und um dieser zuvor zu kommen, stürzen wir uns kurzerhand in den Kampf.

Der Kampf bei beengten Platzverhältnissen führt leider sowohl dazu, dass die Gegner schnell in meinen Panik-Bereich vordringen können, weil sie sowieso nicht weit entfernt sind, als auch, dass mir selbst wenig Raum für einen Rückzug zur Verfügung steht. Gebäude-Kämpfe sind daher nicht gerade meine Spezialität und ich bin jedes Mal erleichtert, wenn es wieder nach draußen geht.

Das Finale des Kampfes im Hotel besteht darin, sich zu einem fest montierten MG vorzuarbeiten, um mit diesem eine riesige Glasfront unter Beschuss zu nehmen. Die dahinter liegenden Sandmassen sollen dann ein feindliches Bataillon unter sich begraben.

Obwohl ich auf dieses Ziel direkt hingewiesen werde und die Glasscheiben wirklich riesig sind, habe ich für diese Szene geschätzte 10 Anläufe und 1 Google-Recherche benötigt. Während man am MG steht wird man von zwei Dutzend Feinden aus vier Richtungen unter Beschuss genommen und hat dementspechend nur begrenzte Zeit, die Festigkeitsgrenze der Scheiben zu erreichen. Zunächst habe ich stumpf eine der Flächen unter Beschuss genommen, bis meine Festigkeitsgrenze erreicht war, und ich einen neuen Anlauf starten durfte. Diese Stumpf-Taktik, da von mir sehr geschätzt, habe ich noch ein paar Mal auf verschiedene Teile der Glasfront angewandt - gleiches Ergebnis. Dann habe ich versucht nacheinander verschienden Teile unter Feuer zu nehmen, vermeintlich tragende Teile zu treffen, weiter links, weiter oben, weiter unten anzusetzen - tot.

Da ich einfach zu wenig Zeit für langwieriges trial-and-error habe, schnell bei Google bzw. Youtube nach der Lösung gesucht: Eine Stelle der Glasfront dauerhaft unter Beschuss nehmen. Aha, also genau das, was ich schon 10x versucht habe. Also neuer Anlauf, durchkämpfen zum MG, besetzen, Feuer frei. Und siehe da, kurz vorm Exitus zerbirst die Glasfront und begräbt die letzten Widersacher unter sich.

Warum jetzt und vorher nicht? Keine Ahnung. Es gibt keine visuelle Rückmeldung, ob man die richtige Stelle trifft oder nicht. Da es im Netz keinen Hinweis darauf gibt, dass andere Spieler an dieser Stelle ähnliche Probleme hatten, vermute ich, dass der durchschnittliche Spieler ganz automatisch dir richtige Stelle trifft. Ganz offensichtlich bin ich nicht Durchschnitt. Selbst bei einer großen unbeweglichen Scheibe treffe ich intuitiv den falschen Punkt.


Nach erfolgreichem Gefecht geht es dann zum Glück wieder an die frische Luft, doch draußen sehen wir uns einer Übermacht von Konrads Leuten gegenüber. Man steht zwar das ganze Spiel hindurch einer Übermacht gegenüber, aber hier ist es ganz offensichtlich eine übermächtige Übermacht, denn wir können uns nicht einfach ins Gefecht stürzen.

Wie es der Zufall will, liegt aber just an dieser Stelle ein Mörser mit Phosphor-Granaten zu unseren Füßen.

Weißer Phosphor - "entzündet sich selbst allein durch den Kontakt mit dem in der Luft enthaltenen Sauerstoff (pyrophor) und brennt dann mit einer 1.300 Grad Celsius heißen Flamme unter starker Entwicklung von weißem Rauch (Phosphorpentoxid), der in größeren Mengen gesundheitsschädlich ist." (Wikipedia)

Da der Einsatz von Brandwaffen häufig zu Kollateralschäden führt, ist ihr Einsatz durch ein Protokoll der Genfer Konventionen verboten. Die USA haben dieses jedoch praktischerweise nicht unterzeichnet, wodurch uns juristisch hier völlig freie Hand gelassen wird. Wir wischen daher auch Adams Bedenken über den Einsatz von Phosphor beiseite und lassen den Mörser bereit machen, um die Gegnerschar unter Feuer zu nehmen.

Hierzu wird zunächst eine am Fallschirm hängende Kamera über das Schlachtfeld geschossen, über die im Folgenden die Mörser-Ziele ausgewählt werden. Die Kamera zeigt das Geschehen in einer schwarz-weiß Optik aus der Vogelperspektive. Gegner und Fahrzeuge sind nur als helle Schemen erkennbar. Die Bild schwenkt langsam von unten nach oben und zoomt dabei auch langsam näher heran, um die Sink-Bewegung des Fallschirms zu simulieren. Während des Schwenkens werden uns Ziele markiert, die wir primär beschießen sollen - MG-Nester, Fahrzeuge, Abwehr-Stellungen.

Da uns aber offensichtlich unbegrenzt Munition zur Verfügung steht, nehmen wir auch sonst alles aufs Korn, was sich bewegt. Und alles was sich nicht bewegt. Und zwar mehrfach. Nur um sicher zu gehen. Und nur durch die Nachladezeit des Mörsers beschränkt...

Ich glaube in Shootern, bei denen Munition normalerweise rationiert wird, ist es anscheinend ein angeborener Reflex, exzessiven Gebrauch von Waffen zu machen, die kein Munitions-Limit haben. Wenn es was umsonst gibt, muss das halt maximal ausgenuzt werden.

Phosphor 1
Sicht durch die Mörser-Kamera
Phosphor 2
I love the smell of phosphor in the morning

Das Hochgefühl des schnellen Abzug-Fingers verfliegt jedoch schnell, denn beim anschließenden Durchqueren des beschossenen Gebietes werden uns die Auswirkungen unseres Phosphor-Beschusses vor Augen geführt. Bis hierher hat man besiegte (erschossene, erschlagene, in die Luft gesprengte) Gegner nicht weiter zur Kenntnis genommen. Es ist halt ein Shooter. Feind gesichtet, Feind besiegt, Feind abgehakt.

Nun sieht man verbrannte, verstümmelte Körper. Man hört Schreie und Stöhnen. Ein Soldat mit weggesprengten Beinen kriecht durchs Bild. Und das alles ist mein Werk...

Langsam schreiten wir durch das Inferno und treffen auf einen Soldaten, der im Sterben liegt. Seine letzten Worte an uns sind "Warum habt ihr das getan? Wir wollten helfen!" Es folgt eine Cut-Scene, in der die Kamera weiter das Schlachtfeld hinauf schwenkt bis sie eine große Ansammlung verbrannter Leichen einfängt. Es wird schnell klar, dass es sich nicht um Soldaten, sondern um Zivilisten handelt. Und uns wird jetzt auch klar, dass Konrads Leute hier niemanden Exekutieren wollten, sondern versucht haben, diese Gruppe Zivilisten zu evakuieren.

Das Entsetzen und die Fassungslosigkeit über unsere Tat ist Captain Walker im Gesicht abzulesen. Und dieser Schock überträgt sich auch auf mich, denn schließlich war ich es, der den Mörser bedient hat. Ich habe auf den Tasten des Pads rumgehämmert. Und ich habe mir natürlich keine Sekunde Gedanken darüber gemacht, auf wen ich den todbringenden Phosphor-Regen niedergehen lasse. Seit wann muss man darüber bei einem Shooter nachdenken? Es heißt ja schließlich nicht Thinker!

Natürlich geht es nicht soweit, dass man die Tat hätte verhindern können. Ich habe die Szene noch ein zweites Mal gespielt, da ich in der Hektik (und im Zerstörungsrausch) des ersten Durchlaufs nur wenige Details wahrgenommen habe. Die Zivilisten sind durch die Mörserkamera zwar als große Ansammlung erkennbar, jedoch aufgrund der schwarz- weiß Optik und der Perspektive nicht von den Soldaten zu unterscheiden, schon gar nicht wenn man nicht mit ihnen rechnet. Außerdem wird einem direkt neben der Menschenmenge ein Radpanzer als Ziel markiert, den man treffen muss, damit das Spiel überhaupt weitergeht. Man sieht also nicht was man trifft (was natürlich gewollt ist), aber selbst wenn man es weiß, lässt sich das Unheil nicht aufhalten. Das Spiel würde natürlich auch nicht funktionieren, wenn man an dieser Stelle (und an folgenden) tatsächlich eine Wahl hätte.

He turned us into fucking killers
Besser hätte ich es nicht sagen können

Auch bei Adams und Lugo liegen die Nerven blank, schließlich waren sie am Massaker beteiligt. Adams gibt uns die Schuld an allem und fasst dies in den treffenden Worten zusammen:

"He turned us into fucking killers!"

Den lautstarken Diskurs zwischen ihnen nehmen wir aber nur gedämpft im Hintergrund wahr, da wir innerlich mit unseren eigenen Dämonen kämpfen.
Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, suchen wir die Schuld natürlich nicht bei uns selbst. Konrad und seine Leute sind hierfür verantwortlich! Nicht nur für den Tod dieser Zivilisten, sondern auch für unser Handeln, das dazu geführt hat. Er hat uns mit seinen Leuten praktisch dazu gebracht, diesen Angriff zu starten. Und er hat bewusst in Kauf genommen, wenn nicht sogar beabsichtigt, dass dabei Zivilisten ums Leben kommen.

Konrad hat dies alles für uns arrangiert. Um uns zu brechen. Um uns zu zerstören... Und dafür wird er büßen!

Man spürt förmlich, wie sich das Tor zum Wahnsinn hier vor uns auftut - und wir schultern unser M4 und marschieren strammen Schrittes hindurch.

Adams und Lugo sind zunächst wenig angetan davon, dass wir sie einfach weiter treiben. Aber wir sind schließlich ihr Vorgesetzter und Befehl ist Befehl. Die nächsten Schritte führen uns zunächst noch weiter über unser Phosphor-Schlachtfeld. Von Konrads Männern, die uns dort attackieren, wird man nicht nur mit Kugeln eingedeckt, sondern auch noch als Mörder beschimpft! Oder bilden wir uns das nur ein? Vielleicht sind es nur die Phosphor-Gase?

Unwillkürlich achtet man in den nächsten Szenen genauer auf das, was man schießt und vor allem, auf wen man schießt...

Zum Nachdenken bleibt jedoch nicht allzu viel Zeit, denn es gilt Konrad ausfindig zu machen. In einem der unzähligen Hochhäuser stolpern wir dabei über ein Funkgerät, mit dem wir tatsächlich Kontakt zu Konrad aufnehmen können. Von nun an werden wir regelmäßig Gedanken und Kommentare zu uns und unserem Vorgehen von ihm hören.

Eine passende Situation dafür hält er kurz danach gleich für uns parat. Während wir uns an einer zerstörten Hochstraße entlang kämpfen, hängen vor uns zwei gefesselte und geknebelte Gestalten über unserem Weg. Der Kleidung nach zu urteilen ein Zivilist und ein Soldat.

Decision 1
Tor 1 ...
Decision 2
... oder Tor 2

Konrad teilt uns über Funk mit, dass der Zivilist Wasser gestohlen hat - ein Kapitalverbrechen in einer Stadt mitten in der Wüste, abgeschnitten von der Außenwelt. Der Soldat wiederum wurde losgeschickt, um ihn festzunehmen und hat im Laufe dieser Festnahme als Selbstjustiz die gesamte Familie des Wasserdiebes ausgelöscht.

Uns befiehlt Konrad nun über die beiden "Angeklagten" zu richten, indem wir einen zum Tode verurteilen und eigenhändig richten. Sollten wir uns weigern, würden wir selbst für diese Befehlsverweigerung hingerichtet werden. Um seine Drohung zu bekräftigen, lässt Konrad auf der Hochstraße Scharfschützen aufmarschieren, die die roten Punkte ihrer Laser-Zielfernrohre über uns gleiten lassen.

Ich habe es an dieser Stelle nicht ausprobiert, aber ich vermute man wird tatsächlich erschossen, sollte man versuchen diese Entscheidung zu umgehen. Wobei ich die Auswahl vom moralischen Standpunkt aus schnell getroffen hatte: Auf der einen Seite ein Zivilist, der Wasser stiehlt - auf der anderen ein Soldat, der eine Familie massakriert...

Was mich bei der Umsetzung hat zögern lassen, war die Tatsache, dass der Soldat wehrlos, gefesselt und geknebelt, vor mir hing. Auf virtuelle Menschen zu schießen ist normalerweise (ganz offensichtlich) kein Problem für mich. Schon gar nicht, wenn sie auch auf mich schießen. Dieser hier stellt jedoch für mich keine Gefahr dar. Es liegt auch keine Gefechtssituation vor, in deren Verlauf er mir "aus Versehen" vor die Flinte läuft. So was könnte im Eifer des Gefechts ja mal passieren.

Hier bringt mich das Spiel wieder einmal dazu, das Drücken der Feuer-Taste zu hinterfragen. Ich zögere wirklich einen Moment, bevor ich den Henker spiele...
"Aber schließlich musste ich doch töten! Mir wurde selber mit dem Tode gedroht, wenn ich es nicht getan hätte!" (Und dann hätte ich eine kurze Todes-Sequenz gesehen und hätte vom letzten Respawn-Punkt noch mal spielen müssen!)
Letztendlich läuft die Geschichte natürlich auch hier nur weiter, wenn ich jemanden erschieße. Wie weiter oben schon einmal geschrieben, bietet das Spiel nicht die Möglichkeit, sich tatsächlich an irgend einer Stelle für oder gegen etwas zu entscheiden. Aber das soll es auch gar nicht.

Alleine die Tatsache, dass ich in einem Shooter dazu gebracht werde über das Schießen nachzudenken, hat mich wirklich beeindruckt. Die Moral wird nicht über irgendwelche Einspiel-Filmchen ins Spiel gebaut, nach deren Ende man mit dem Ballern weiter macht wie vorher. Mein Handeln hat Konsequenzen und die sind hier nicht immer nur positiv. Egal wie ich mich entscheide, hinterher bin ich nicht automatisch der strahlende Held.

Weiter geht es durch das postapokalyptische Dubai - zu meinem Leidwesen sehr häufig innerhalb von Gebäuden. Wobei sich für Kunstinteressierte hier einige interessante Momente bieten...

Impressionen
Impressionen

Oft kämpft man sich von unten nach oben, was unweigerlich zur Folge hat, dass man irgendwann das Dach erreicht. Die Aussicht von oben ist wirklich grandios, sobald man sich störender Widersacher entledigt hat. Der Blick reicht kilometerweit an Hochhäusern und Hochhausgerippen entlang, die aus den Sandwolken über der Stadt ragen. Grafisch wirklich ein Highlight.

Praktischerweise wurden zwischen vielen Häuserschluchten Drahtseile gespannt, so dass wir an diesen vom Dach zum nächsten Haus rutschen können. Der einzig plausible Grund, der mir für diese recht risikoreiche Art der Fortbewegung einfällt ist, dass man sich so ein paar Treppenstufen spart, wenn man erst mal ein Haus bestiegen hat. Die Aufzüge scheinen nämlich nicht mehr zu funktionieren.

Skyline_3
Schöne Aussichten
Skyline_4
Unser Mann im Ohr gibt keine Ruhe

Im weiteren Verlauf der Spiels treffen wir auf einen CIA-Mann namens Riggs. CIA? Ja, genau die. Zu Anfang des Spiels sind wir bereits schon mal auf Anzeichen für eine Beteiligung des amerikanischen Geheimdienstes getroffen. Da die Zusammenhänge dort jedoch nicht weiter erklärt wurden, habe ich dies bisher unerwähnt gelassen.

Riggs bestätigt unsere Ansicht, dass Konrad mit seinen Leuten für die Gräueltaten in der Stadt verantwortlich ist. Er plant einen Angriff auf das letzte existierende Wasserdepot, das von Konrads Leuten kontrolliert wird. Ohne Zugang zu Wasser wären sie entscheidend geschwächt und könnten bezwungen werden, um Dubai zu befreien.

Vom Feind unseres Feindes lassen wir uns natürlich nur zu gerne einspannen und so kämpfe ich mich als nächstes durch ein riesiges ehemaliges Schwimmbad, um Konrads Leuten die letzten Wasserreserven der Stadt zu entreißen.

Ich bin mir nicht mehr sicher, ob es genau in diesem Kapitel war, aber bei einem Kampf innerhalb eines Gebäudes kam es zu einer Situation, in deren Verlauf ich geschätzte zehn Mal direkt nacheinander das Zeitliche gesegnet habe. Dank Rücksetzpunkt musste ich zwar jedes mal nur ungefähr eine Minute wiederholen, da das Gefecht jedoch eigentlich ziemlich banal war und es keine besonderen Schwierigkeiten gab, fing ich langsam an, an mir zu zweifeln.

Offensichtlich nicht nur ich, denn nach meinem (geschätzt) zehnten Ableben präsentierte mir das Spiel einen Hinweis, von dem ich leider keinen Screenshot habe. Aber sinngemäß lautete der Text: "Mir ist aufgefallen, dass du wirklich lächerlich schlecht spielst. Tu dir einen Gefallen und lass mich die Schwierigkeit auf `einfach` heruntersetzen."

Tja, was soll man darauf antworten? Irgendwann musste das wohl mal gesagt werden. Und wer, wenn nicht das Spiel hätte das Recht dazu, so mit mir zu reden? Ich wischte also den letzten Rest Selbstwertgefühl beiseite und drehte die Schwierigkeit herunter. Für Stolz hab ich nun mal einfach nicht genug Zeit.

Der Kampf um das Wasserdepot ist zwar nicht "einfach", kann jedoch trotzdem gewonnen werden und die letzten Reserven des Lebenselixiers werden in große Tanklaster verladen, um sie an einen sicheren Ort zu bringen. Konrads Leute geben sich jedoch so schnell nicht geschlagen und attackieren uns, während wir in halsbrecherischem Tempo durch die Stadt rasen.

Wir halten uns mit einer Hand außen an einem Tanklaster fest und müssen uns einhändig gegen die heranrückenden Widersacher zur Wehr setzen. Die ganze Passage läuft als Rail-Shooter ab, d.h. wir müssen uns ums Bewegen oder Lenken keine Gedanken machen, sondern können uns ganz der Gefahrenabwehr widmen. Ich habe nicht ausprobiert, was passiert, wenn man gar nicht schießt, gehe aber mal davon aus, dass man diesen Abschnitt nicht verlieren kann. Die Gegner sind nicht allzu zahlreich und bewegen sich auch relativ wenig. Für mich also eine eher angenehme Fahrt.

Stealing water
Wer stiehlt hier von wem

Der angenehme Teil ist jedoch abrupt vorbei, als der vorderste Laster, der für uns außer Sicht ist, umstürzt und es infolge dessen zu einer Massenkarambolage kommt und der gesamte Tankzug in Flammen aufgeht. Wir werden vom Laster geschleudert und als wir krachend neben der Straße aufschlagen, versinkt die Welt für uns im Dunkel.

Wir erwachen nur langsam und in der noch verschwommenen Welt, sehen wir eine Gestalt vor uns - Konrad . Es wird zwar relativ schnell klar, dass wir uns ihn nur einbilden, aber seine Worte treffen wie immer genau ins Schwarze. Auch wenn wir seine Andeutung, dass Riggs das alles genau so gewollt hat, zunächst nicht verstehen.

Water 1
Wo er Recht hat...
Water 2
... hat er Recht

Ich kämpfe mich also ein Kapitel lang zu den Wasserreserven vor, verteidige den Tanklastzug dann gegen ein heranstürmendes Batallion von Konrads Leuten nur damit das Mistding kurz vorm Ziel umstürzt und alles umsonst war?! Naja, umsonst war es nicht. Schließlich war es der letzte zentrale Wasservorrat der Stadt. Und mitten in der Wüste ohne Wasser, da muss man sich nicht nur beim Duschen und Baden etwas einschränken... Dank unserer missglückten Aktion stehen jetzt nicht nur Konrads Leute ohne lebenswichtiges Wasser da, sondern die gesamte restliche Bevölkerung Dubais. Für alle, die wir ja eigentlich befreien wollten, bedeutet das den sicheren Tod. Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.

Nachdem wir wieder vollständig bei Bewusstsein sind, schreiten wir langsam über den Ort der Verwüstung. Zwischen den umgestürzten und teilweise brennenden Wracks der Tanklaster bilden sich kleine Seen aus Trinkwasser, die langsam im Wüstensand versickern. Einheimische sind herbei geeilt und versuchen mit Gefäßen noch zu retten, was zu retten ist. Denjenigen verfluchend, der hierfür verantwortlich ist. Gut, dass man uns das nicht direkt ansieht, sonst würden sie uns wohl an Ort und Stelle aufknüpfen.

Water
Ne, dafür gibts keinen Zuckerguss

Eingeklemmt unter einem der Wracks entdecken wir Riggs, ganz offensichtlich dem Tode nahe. Und er berichtet uns nun, was Konrad vorher nur angedeutet hat.

Die Zerstörung des Tanklastzuges und damit die Vernichtung der letzten Trinkwasserreserven, war kein Unfall. Riggs hatte nie vor, das Wasser zu sichern. Es war von vornherein geplant, das Wasser und somit die restliche Bevölkerung Dubais auszulöschen. Die CIA wollte um jeden Preis verhindern, dass die Gräueltaten von Konrads Leuten, also von US Soldaten, an den Einwohnern Dubais jemals bekannt werden. Denn dann hätte der ganze Nahe Osten Vergeltung gefordert und den USA vermutlich den Krieg erklärt. Der Preis dafür ist die Auslöschung einer Stadt. Und ohne es zu wissen haben wir den Plan für die CIA ausgeführt.

Mannomann, mit jedem Schritt, den wir in besten Absichten machen, reiten wir uns und alle um uns herum tiefer in die Scheisse! Wieder einmal sitze ich vor meinem Gamepad und habe dieses ohnmächtige Gefühl, in einem Abwärtsstrudel gefangen zu sein. Wobei Strudel eigentlich falsch ist, denn anders als in einem Buch oder einem Film, habe ich hier die Geschichte aktiv vorangetrieben. Ich schaue hier nicht nur zu. Ich bin gerannt, habe geschossen und gekämpft und alles gegeben, um die Geschehnisse so weit zu treiben. Dass ich dadurch nicht automatisch zum Helden werde, hat etwas zutiefst verstörendes. Man ist es ja normalerweise gewohnt, für seinen erfolgreichen Einsatz im Kampf Gut gegen Böse auch belohnt zu werden. Stattdessen rackere ich hier in besten Absichten und beschwöre das Unheil dabei selbst herauf. Nun gut, dann strengen wir uns jetzt dafür umso stärker an, um das Ganze doch noch zu einem guten Ende zu führen. Wenn das mal gut geht...

Obwohl kaum Hoffnung auf Erfolg besteht, beschließen wir also trotzdem eine Evakuierung der Bevölkerung zu versuchen. Doch vorher müssen wir uns noch um Riggs kümmern. Nachdem er uns darüber aufgeklärt hat, dass wir dank ihm zum Massenmörder geworden sind, dürfen wir uns entscheiden, ob wir ihm direkt eine Kugel verpassen oder ihn einem langsamen Tod im Feuer überlassen. Und obwohl er einen qualvollen Tod verdient hätte, ist es viel befriedigender ihn durch Betätigung des Abzuges zu erlösen.

Ja, es ist seltsam, denn das Thema "wehrlos" und "erschießen" hatten wir weiter oben schon einmal. Doch hier überkommen mich überhaupt keine Skrupel. Ich empfinde es sogar als gerecht, Riggs hier zu richten. Langsam bekomme ich das Gefühl, dass nicht nur meinem Alter Ego Walker das Durchlebte psychisch ziemlich zugesetzt hat.

Unser nächstes Ziel ist die Radiostation, um die Evakuierung der Bevölkerung zu organisieren. Der Weg dorthin unterscheidet sich spieltechnisch kaum, von den vorherigen Leveln, weswegen ich die Einzelheiten hier überspringe. Anzumerken wäre nur, dass sich Adams und Lugos Verhältnis uns gegenüber auf Grund der vorherigen Ereignisse nicht gerade verbessert hat. Trotzdem kämpfen sie weiterhin Seite an Seite mit mir - das nenn ich militärischen Gehorsam.

Konrads Männer geben zwar wie immer ihr Bestes, aber unter meiner fachkundigen Anleitung fräsen wir uns mit "Leichtigkeit" durch ihre Reihen, bis wir schließlich die Radiostation auf einem der Hochhausdächer erreichen und tatsächlich per Funk eine Evakuierung anfordern können. Endlich mal ein Erfolg!

Die Tatsache, dass Lugo den hilfsbereiten Radiokommentator exekutiert, nachdem dieser uns in der Bedienung seiner Sendeausrüstung unterwiesen hat, ist kaum noch der Erwähnung wert. Vorgeblich wollte Lugo ihn bestrafen, weil er sich mit Konrads Leuten gemein gemacht hat. Aber mittlerweile sind so viele Unschuldige durch unsere Hände zu Tode gekommen, da kommt es auf eine plausible Rechtfertigung auch nicht mehr an. Vielleicht hat Lugo auch nur seine Nase nicht gepasst? Wer bin ich, mich hier als moralische Instanz aufzuspielen? (Oder als Fachmann für Nasen)

Nächstes und weiterhin finales Ziel ist Konrad selbst, dem wir immer noch die Schuld an allem was vorgefallen ist geben - mittlerweile nicht mehr so ganz glaubhaft, aber das macht ja nix. Praktischerweise steht für die Abreise vom Dach des Gebäudes ein Hubschrauber bereit, in dem wir als Bordschütze Platz nehmen.

Nach dem Start müssen wir zunächst Unmengen von Konrads Leuten abwehren, die uns daran hindern wollen, mit ihrem Fluggerät das Weite zu suchen. Und obwohl man meinen sollte, in einem gepanzerten Hubschrauber hinter einer Minigun sollte das ja wohl kein großes Problem darstellen, werde ich auch hier wieder eines Besseren belehrt. Offensichtlich ziele ich nicht nur sehr schlecht, die Schweine zielen auch noch ziemlich gut. So gut zumindest, dass ich regelmäßig getroffen werde. Und da ich nur sehr unregelmäßig treffe, bleibt ihnen dafür zu viel Zeit. So viel Zeit, dass ich bestimmt ein halbes Dutzend Mal den Start des Hubschraubers erleben durfte. Als Wiedergutmachung darf ich dafür im Anschluss die Gebäudespitze in Schutt und Asche legen...

Nachdem die Abrissarbeiten abgeschlossen sind, müssen wir uns aber auch aus dem Staub machen, denn Konrad hetzt uns Hubschrauber auf den Hals. Adams schwenkt unseren Heli in die Häuserschluchten, um unsere Verfolger abzuschütteln.

Hm, Hubschrauber-Verfolgungsjagd? In Hochhausschluchten? Ich stehe hinten an der Minigun? Das habe ich doch alles schon mal erlebt! Déja vu ?!
Verwirrenderweise äußert Walker im Spiel die gleichen Gedanken: "This isn´t right. - We did this already!" Jop, sag ich doch.

Für eine vertiefende Verwirrung ist aber keine Zeit, denn meine Aufgabe ist es, das weiß ich ja schon, Hubschrauber vom Himmel zu holen. Tatsächlich ist die Szene nicht so ähnlich, wie der Anfang, sondern ganz genauso. Wir fliegen die gleiche Strecke, die gegnerischen Helis erscheinen zu den gleichen Zeitpunkten und fliegen auch exakt so, wie ich es schon mal erlebt habe. Auch der Sandsturm setzt genau zum richtigen Zeitpunkt ein und zwingt uns wieder einmal zum Absturz. Der Bildschirm blendet in das Schwarz der Bewußtlosigkeit.

Die große Frage, die sich aufdrängt ist: Was passiert jetzt!?


Werde ich wirklich noch einmal an den Anfang zurück gesetzt? Bekomme ich die Möglichkeit, mich an den entscheidenden Stellen diesmal anders zu entscheiden? Wurden mir die Auswirkungen meiner Entscheidungen gezeigt, damit ich noch einmal eine Chance bekomme alles besser zu machen ... ?!

Obwohl diese Idee ihren Reiz hat, hätte ich vermutlich nach kurzer Zeit entnervt das Pad in die Ecke gefeuert, wenn ich die bezwungenen Kapitel und Stunden noch einmal hätte durchkämpfen müssen.

Außerdem sind meine Gedanken bezüglich Spieleerlebnissen im Allgemeinen momentan wohl ziemlich stark durch Bioshock: Infinite beeinflusst ....

Was mich tatsächlich nach der Schwarzblende erwartet, hat mich damals zumindest trotzdem vollkommen umgehauen. Besonders optisch. Der gesamte Bildschirm blendet in ein Blutrot. Der Sandsturm, der uns hier entgegen peitscht, wirkt so eher wie ein Blutsturm. Und zentral im Hintergrund, zunächst nur verschwommen durch den Sand zu erahnen, ragt ein schwarzer Turm in den Himmel. Während wir uns ihm nähern, wird dieser allmählich von Flammenzungen eingefasst, bis es schließlich so wirkt, als würden wir direkt in das Auge Saurons schreiten.
Laufen können wir hier nämlich nicht. Wenn ich den Stick nach vorne drücke, schleppt sich Walker nur mühsam vorwärts. Schemenhaft bewegen sich vereinzelt Personen auf uns zu - Soldaten, Zivilsten, Opfer des Krieges. Kurz bevor sie uns erreichen, verwehen sie, als wären sie aus Sand.

Das alles stellt aber eigentlich nur den visuellen Rahmen dar, denn der Hauptakteur dieser Szene ist wieder einmal Colonel Konrad. Wir können ihn zwar nicht sehen, aber aus dem Off spricht er zu uns. Und was er sagt, bringt unser ganzes bisheriges Handeln noch einmal wie mit dem Brennglas fokussiert auf den Punkt.

"There were over 5000 people allive in Dubai, the day before you arrived."

All die Szenen, in denen unsere Entscheidungen unzählige Menschenleben gekostet haben.

"How many are alive today, I wonder."

In denen wir uns so sehr angestrengt haben, aber immer das genaue Gegenteil von dem bewirkt haben, was wir erreichen wollten.

"How many will be alive tomorrow."

In denen wir doch eigentlich nur Helfen wollten und alles nur noch schlimmer gemacht haben.

"There was always a choice. You just fucked it up."

Jeder Satz von ihm trifft mich, denn alle sind wahr. Aber nicht nur, dass er mir vor Augen führt, wie absolut ich doch versagt habe.
Mit dem Ziel, den vermeintlichen Deserteur und Befehlsverweigerer Konrad zu finden, bin ich hierher gekommen. Gefunden habe ich ihn nicht, dafür habe ich fast eine Stadt ausgelöscht.

Und so endet die Szene mit Konrads Worten:

"I thought my duty was to protect the city from the storm. I was wrong. I have to protect it from you."


Das Bild blendet über von einem tiefen Schwarz in ein grelles Weiß. Das Weiß der strahlenden Sonne. Der Sandsturm ist verschwunden, die Flammen sind erloschen. Der schwarze Turm jedoch steht noch. Es ist Konrads Turm - unser abschließendes Ziel.

Adams
Ich vermisse dich doch auch, Adams

Als strahlender Held sind wir gestartet. Und jetzt dürfen wir uns vom Schurken nicht nur anhören, dass wir auf ganzer Linie versagt und alle in die Scheisse geritten haben. Nein, er will uns auch noch erzählen, dass wir eigentlich gar nicht der Held sind. Im Gegenteil, wir sind hier eigentlich der Bösewicht. Und, das ist das Beste, er ist der Held, der alle vor uns beschützen will. Ha, dass ich nicht lache!

Naja, lachen tue ich eigentlich nicht. Die Konsequenz, mit der hier die gewohnte Gut-Böse-Erzählweise auf den Kopf gestellt wird, ist einfach genial. Und in dieser Intensität meiner Meinung nach auch nur in Computer- bzw. Videospielen möglich, da man hier wirklich selbst aktiv ist und die Handlung vorantreibt. Man fühlt sich daher auch selber verantwortlich für die Konsequenzen, die die Handlungen des Protagonisten haben. Im Film kann man zwar auch mit den Charakteren mitfühlen und mitleiden, aber die Geschichten werden trotzdem nur passiv erlebt. Ich muss mich nicht anstrengen, damit die Geschichte weiter erzählt wird. Ich sitze einfach nur da.
Naja, dafür kann man natürlich auch nix versauen...

Auf dem Weg zu Konrads Turm gibt es noch einige Schlachten zu schlagen, aus denen letztendlich nur wir als einziger Überlebender übrig bleiben. Doch da dieser Text eh schon zig mal länger geworden ist, als er ursprünglich geplant war, werde ich diesen Part in meiner Beschreibung auslassen und direkt zu unserer Begegnung mit Konrad springen.

R.I.P. Adams und Lugo...


Nachdem wir Konrads Turm betreten haben befinden wir uns in der Lobby, die von einem riesigen Aquarium dominiert wird. Hinter der meterhohen Glasscheibe schwimmen tatsächlich Fische - ein Hai zieht majestätisch seine Runden. Alles ist in ein friedliches Blau getaucht.

Sea World
Sea World

Vor der Tür stapeln sich die Leichen und wir machen hier drinnen eine Führung durch Sea World - die Grenze zum Wahnsinn haben wir jetzt wohl endgültig überschritten.

So verwundert es kaum noch, dass die Ruhe plötzlich durch entfernt gebrüllte Befehle gestört wird. Wir haben jedoch keine Waffe im Anschlag (wer braucht die im Sea World auch); kein Fadenkreuz zum Zielen; nichts, um uns zu verteidigen. Denn die Stimmen, die wir gehört haben, stammen von Konrads Leuten.

Und während wir uns weiter durch das unwirkliche Blau schleppen, sehen wir Soldaten im Hintergrund auftauchen. Doch sie verhalten sich nicht feindselig uns gegenüber. Sie springen nicht in Deckung, sie feuern keine einzige Kugel auf uns ab. Stattdessen stellen sie sich im Spalier für uns auf, teilen uns mit, dass sie die letzten von Konrads Einheit wären und dass sie sich uns ergeben.

Sich ergeben - aha - das passt sich ja ganz gut, wo ich doch sowieso nicht schießen kann ...

Doch das alles verwundert uns irgendwie überhaupt nicht, wir nehmen es offensichtlich noch nicht mal richtig wahr. Denn das einzige was Walker wissen will, ist "Where is Konrad?". Und die Antwort kommt prompt: "Where he´s always been. Upstairs. Waiting for you." Das Spalier leitet uns zu einer goldverzierten Tür - der Aufzug zur Turmspitze. Unser Weg zu Konrad.

Okay, das war jetzt eine etwas verwirrende Szene. Wieso schießt hier keiner auf uns? Haben Konrads Leute jetzt eingesehen, dass wir zu stark sind für sie? Dass wir nicht zu bezwingen sind? Dass wir es so lange versuchen (an Rücksetzpunkten starten, Speicherstände laden), bis wir auch den letzten von ihnen besiegt haben? Ist der Kampf jetzt vorbei? Aber Konrad wartet doch noch auf uns. Der große Showdown, das Finale...

Wir betreten den Aufzug, die Türen schließen sich, und wir setzen uns in Bewegung. In der Erwartung des Showdowns, des letzten Kampfes, des Endbosses. Normalerweise würde man jetzt seine Ausrüstung noch mal checken. Welche Waffen sind am Start, genug Munition, Granaten, Erste-Hilfe-Kästen,... Oft stellt einem das Spiel auch noch mal nen Batzen zur Verfügung, um sich auf das Finale vorzubereiten. Aber hier? Nix. Ich kann noch nicht mal meine Waffe heben...

Stattdessen, natürlich, spricht Konrad zu uns:

"Well done, Walker. You have done what the storm could not - destroy the Damned 33rd."

Er spricht von seiner Einheit, dem 33sten. Sehr nett von ihm, uns zu gratulieren. Man könnte auch sagen arrogant. Das Großkotzige werden wir ihm schon austreiben.

"Do you feel like a hero yet?"

Klatsch, mitten ins Gesicht. Er weiß schon genau, wie er uns treffen kann. Denn wie ein Held fühlen wir uns schon lange nicht mehr. Aber wir wissen ja auch, wer daran Schuld ist...

Dann bittet er uns herein. Die Aufzug-Türen öffnen sich...

Und wir stehen in einem Luxus-Appartment. Über zwei Etagen, Parkett-Boden, kleiner Teich in der Mitte, Lounge-Möbel. Alles in gedämpftem Licht. Alles völlig unbeschädigt. Der Krieg hat hier bisher keinen Fuß reingesetzt. Von Konrad jedoch keine Spur. Also suchen wir den Schweinehund.

Nett hier
Nett hier

"What did you think when you arrived in Dubai... when you´d seen what I had done? Did you think it was the work of a madman?"

Genau das. Ein grausamer Verrückter bist du. Also zeig dich gefälligst. Oder hast du etwas Angst vor uns?

"Oh yes... that would have made things easier... But I wasn´t that lucky."

Kein Glück gehabt?! Was heißt hier kein Glück?! Du durchgeknallter Irrer ...

"I assure you, I´m as sane as you are, Captain."

Genauso zurechnungsfähig wie wir? Du hast Leute abschlachten lassen. Deinetwegen haben wir hunderte Leute getötet!

Mittlerweile haben wir das untere Geschoss abgesucht und da wir hier niemanden entdecken konnten, begeben wir uns über die Treppe nach oben. Hinter einer in den Boden eingelassenen geharkten Sandfläche, ähnlich eines Zen-Gartens, sehen wir eine Person. Das muss Konrad sein. Er steht vor einem Gemälde, nein, er malt tatsächlich ein Bild. Ein Bild, das uns bekannt vorkommt...

"No matter how hard I tried, I never could escape the reality of what happend here. That was my downfall."

Was zum Teufel ist hier los?! Er malt ein Bild ?!

"Your eyes are opening for the first time."

Wir treten näher an das Bild heran. Ungläubig was wir dort sehen. Wie kann er...

Wie kann das sein ...
Wie kann das sein ...

Mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen starren wir auf das Bild. Der Phosphor-Angriff. Die verbrannten Zivilisten. Die Mutter mit ihrem Kind. Das Bild was sich uns eingebrannt hat. Konrad hat es hier gemalt. Hier, um uns zu verhöhnen. Aber es war nicht unsere Schuld. Er hat uns dazu gebracht!

"No. You did. Your orders killed 47 innocent people."

Nein. Das ist nicht wahr. Er will uns dazu bringen, das zu glauben.

Einer muss bezahlen ...
Einer muss bezahlen ...

"Someone has to pay for your crimes, Walker. Who´s it gonna be?"

Während wir das Bild anstarren, ist Konrad aus unserem Blickfeld verschwunden. Hinter dem Gemälde liegt eine weitläufige Dachterasse. Dahinter erkennen wir die rauchende Skyline Dubais, durch die untergehend Sonne in ein tiefes Rot getaucht. Vor dem Rand steht ein Stuhl auf dem eine Person sitzt. Den Rücken zu uns gekehrt, in der rechten Hand eine Pistole. "I´m done playing games, John." ruft Walker an Konrad gerichtet. Aber die Person rührt sich nicht. Wir schreiten langsam auf den Stuhl zu.

Irgendetwas stimmt hier nicht
Irgendetwas stimmt hier nicht

"I assure you, this is no game." erhalten wir als Antwort. Wir erreichen den Stuhl. Keine Regung. Wir drehen den Stuhl langsam um.

Der sitzt hier wohl schon länger
Der sitzt hier wohl schon länger
Aber, wie kann das sein ?!
Aber, wie kann das sein ?!

Es ist Konrad. Tot. Und das nicht erst seit Kurzem. Er ist schon fast mumifiziert. Aber wie ?! Ich habe doch gerade noch ...

"It seems that reports of my survival have been greatly exaggerated."

Konrad ist tot?! Und das schon lange, bevor wir in Dubai eingetroffen sind! Das kann doch gar nicht sein. Mit wem spreche ich da? Das ist nicht möglich!

"Oh, I assure you it is." - Aber wie?!

"Not how. Why!" - Was soll das heißen, warum?!

"You were never meant to come here..."

Es erfolgt ein Rückblick auf unseren Weg, der uns hierher geführt hat. Auf einzelne Szenen dieses Weges...

Leave the city
Leave the city

"We have our orders. Leave the city. Radio Command from outside the storm wall. - They send in the cavalry. - We go home." - Der Spiel-Anfang. Wir sind gerade in Dubai angekommen. Unser offizielles Missionsziel: Nach Überlebenden suchen, dem Hauptquartier Bescheid geben, Stadt verlassen und nach Hause.

Aber was passiert ist, habe ich doch nicht zu verantworten!? - "Was it? None of this would have happened if you´d just stopped."

"But on you marched. And for what?" - Ich fange langsam eine Ahnung zu kriegen. Und ein ungutes Gefühl steigt auf...

Wir versuchen uns zu rechtfertigen: "We tried to save you." Aber Konrad lässt uns natürlich nicht so leicht entkommen. "You are no savior. Your talents lie elsewhere."

Es folgen Szenen der Zerstörung. Zerstörungen die wir angerichtet haben. Walker hinter dem MG (die Sache mit der Glasscheibe...); wir erschießen Riggs unter dem Tanklaster; und - schließlich - der Phosphor-Angriff ...

Unsere Schuld
Unsere Schuld ...

"This is your fault, goddamit." - In komprimierter Form sehen wir noch mal unser gesamtes Scheitern...

"This isn´t my fault." Verzweifelt versuchen wir zu leugnen. Doch es gibt nur eine Erklärung ...

"It takes a strong man to deny what´s right in front of him." - Konrad, der lebendige, verschwindet vor unseren Augen.

Denial
Denial

"And if the truth is undeniable... you create your own."

Wieder gibt es eine Rückblick auf bereits Geschehenes. Doch die Szenen weichen ab von dem, was wir damals erlebt haben...

Wir finden ein Funkgerät in einem Hotelzimmer, mit dem wir Kontakt zu Konrad aufnehmen. Doch das Gerät ist offensichtlich nicht funktionsfähig, was gut an den fehlenden Batterien zu erkennen ist.
Adams und Lugo sind verständlicherweise leicht irritiert, dass wir es trotzdem benutzen. Und dann auch noch, um mit einem Toten zu sprechen...

Seht ihr das denn nicht?!
Es ist kaputt, aber sonst ist es noch gut...
Für uns sehen die ganz lebendig aus
Nur weil ich in ein kaputtes Funkgerät spreche?

Nächste Szene: Wir entdecken die beiden aufgehängten Gestalten an der Hochstrasse und Konrad teilt uns mit, dass wir eine von ihnen richten müssen. Doch diesmal sind es keine lebenden Personen, sondern zwei schon lange verweste Leichen.
Nur wir sehen die beiden als reale Personen und nur wir hören Konrad durch unser kaputtes Funkgerät.

Adams und Lugo sind diesmal noch etwas verstörter, aber Vorgesetzter bleibt Vorgesetzter.

Seht ihr das denn nicht?!
Seht ihr das denn nicht?!
Für uns sehen die ganz lebendig aus
Für uns sehen die ganz lebendig aus

Es ist jetzt offensichtlich: Konrad existiert nur in unserem Kopf. Alle Szenen, die direkt mit Konrad zu tun hatten, haben nur wir so erlebt, denn wir haben sie erschaffen.

Wir haben Konrad erschaffen, da wir einen Schuldigen brauchten. Jemanden, den wir verantwortlich machen können für die Verwüstungen, die wir angerichtet haben - die wir seinetwegen anrichten mussten.
Die Zivilisten beim Phosphor-Angriff sind seinetwegen gestorben. Das alles wäre nicht passiert, wenn er nicht gewesen wäre.

Und er war nicht. Denn wir sind er.

Blame
Der Schuldige

"We can´t live this lie forever..." Alles eine Lüge. Eine Lüge mit der wir uns selbst belogen haben. Denn die Wahrheit ist: Wir sind Schuld.

Konrad stellt sich so neben uns auf, dass wir ihn auf einer Glasscheibe reflektierend vor uns sehen. Der lebendige Konrad. Der, den es eigentlich gar nicht gibt. Er richtet seine Waffe auf uns. "I´m going to count to five, them I´m pulling the trigger"
Walker spricht zu sich selbst: "You´re not real... this is all in my head..."

Wir heben ebenfalls unsere Waffe und richten sie auf Konrad. Er beginnt zu zählen...

Nachdem uns die vorherigen Szenen als Cutscenes präsentiert wurden, können wir Walker jetzt wieder steuern. An dieser Stelle des Spiels hat man tatsächlich eine Wahl - auch wenn ich das erst nach dem Durchspielen in Erfahrung gebracht habe.

Es gibt sogar je nach Entscheidung verschiedene Abspänne. Etwas enttäuschenderweise jedoch ohne wirklich substanzielle Unterschiede, weswegen ich hier mein damaliges erstes Ende weiter beschreibe.

Wir drücken also ab und das Spiegelbild Konrads zerspringt in tausend Stücke.
"No matter what happens next, don´t be too hard to yourself."

Tja, was passiert als nächstes? Was ist überhaupt bis hierhin passiert?

Die nächste Cutscene: Wir stehen an der Brüstung der Terasse und blicken auf das rauchende Dubai. Hinter uns erscheint einer von Konrads Männern: "The men are asking - what do we do now?"

Wir antworten: "We complete our mission." - "And what mission would that be, sir?"

"Just give me a goddam..." Wir drehen uns um, doch dort ist niemand. Keiner von Konrads Männern. "... radio."

Alles nur in unserem Kopf...

"This is captain Martin Walker...Requesting immediate evacuation of Dubai...". Der gleiche Funkspruch, den Konrad zu Spielbeginn abgesetzt hat.

"Survivors... one too many..."

Ende.

Evacuation
Ende

Fazit

Von den technischen Fakten her ist Spec Ops wohl nur ein gewöhnlicher Military-Shooter. Da ich auf der PS3 kein anderes Game dieses Genres besitze und nur auf dem PC mal Call of Duty: Modern Warfare 2 gespielt habe, fehlt mir aber ehrlicherweise eine Vergleichsmöglichkeit.
Die Grafik ist gut. Mit weitäufiger Sicht, einem detailliert gestalteten Dubai, schicken Sonnenuntergängen. Auch die Charaktere sind ausreichend animiert.
Die Steuerung funktioniert.
Die Anzahl der Waffen könnte vielleicht grösser sein - vielleicht auch nicht. Und zumindest mir sind die Unterschiede zwischen den einzeln Gewehren nicht so extrem aufgefallen. Das passt aber vielleicht auch unter den Punkt "Realismus".

Das Setting ist schon ungewöhnlicher. Die Zerstörung Dubais durch einen Sandsturm; die Dekadenz, die verschüttet aber noch zu erkennen ist.
Die Szenen sind mit viel Liebe zum Detail umgesetzt. Hotel-Lobbies voller Bling-Bling, Dachterassen mit Swimming-Pool, Suiten mit Riesen-Fernseher.

Das Ganze als Analogie zum Untergang Roms oder Atlantis zu sehen, wäre zwar übertrieben. Es erinnert mich aber z.B. an die Stimmung in Rapture aus Bioshock.
Das Auflösen der Gesellschafts-Ordnung. Das Recht des Stärkeren, das sich durchsetzt.

Das alles dient aber nur als Bühne.

Denn was Spec Ops aussergwöhnlich macht, ist die Selbstreflexion, zu der es den Spieler bringt.

Mir wird vom Spiel ein Ziel vorgegeben (z.B. kämpfe dich zum Hotel vor, zerstöre diese gefährliche Glasscheibe), und das versuche ich zu erreichen. Ich setze all mein Können ein. Ich brauche ein Dutzend Anläufe, aber schliesslich schaffe ich es. Ich überwinde alle Hindernisse, die mir das Spiel in den Weg schmeisst. Ich bin der Held.

Dafür erwarte ich dann eine Belohnung. Zumindest eine positive Rückmeldung, dass ich das aber echt super hingekriegt habe.
Und wenn diese nur darin besteht, dass ich den nächsten Levelabschnitt betreten darf. Vielleicht eine kurze Cutscene, die den Abschnitt schön in Szene setzt. Oder die Geschichte vorantreibt. Vielleicht sogar jemanden, der sich tatsächlich bedankt. Dass ich ihn gerettet habe, dass ich ihn befreit habe, dass ich einen Widersacher erledigt habe.

Was ich nicht erwartet habe ist, dass das Erreichen des Ziels negative Auswirkungen hat. Dass ich erfolgreich einen Fehler begehen kann.

Natürlich habe ich hier keine Wahl. Es gibt keine Möglichkeit für mich, anders zu Handeln und den Fehler nicht zu begehen. Es gibt keinen alternativen Handlungsverlauf, in dem alles gut wird.
Denn dieses "alles wird gut" erwartet man eigentlich. Dass etwas nicht gut wird, dass man scheitert, führt normalerweise dazu, dass man es noch mal versuchen darf. Noch mal versuchen muss. So lange, bis man es schafft.

Hier schaffe ich etwas und nur weil ich es geschafft habe, endet es in einer Katastrophe. Ich bin also schuld. Dass ich vorher nicht wusste, wie es endet, ist irgendwie nur eine billige Ausrede, denn das weiß man ja eigentlich nie. Bzw. man geht einfach davon aus, dass man das "Richtige" tut.

Und beim Spielen gibt es Szenen, in denen man das wirklich spürt. Man fühlt sich wirklich irgendwie "schuldig". Denn wer denkt schon bei nem Shooter darüber nach, welche Konsequenzen das Schiessen hat?

Und ein Spiel, dass das fertig bringt, sollte man gespielt haben...


letzte Aktualisierung: 25.06.2014 |sS|